Was bedeutet emotionale Intelligenz? Und warum ist sie so wichtig, auch in der Führungsarbeit? Michaela Kreitmayer, die Leiterin des Hernstein Instituts, zeigt Ihnen, was es bringt, wenn Sie immer wieder einmal Ihrem Bauchgefühl vertrauen. Darum: Lassen Sie es ruhig menscheln.
Oft höre ich: Bleiben wir sachlich! Lassen wir die Emotionen aus dem Geschäftsleben draußen. Doch Emotionen und Gefühle begleiten uns ja immer. Wir sind Menschen mit Verstand und Herz und können nicht einfach einen Teil davon irgendwo parken. Wo Menschen zusammenarbeiten, sollte das Herz immer mit dabei sein und nicht ausgeblendet werden.
Ehrlichkeit ist Trumpf
Solange wir bei uns bleiben und in Form von Ich-Botschaften unsere Gefühle benennen, ist alles im grünen Bereich. Der Vorteil dabei: Es staut sich nichts auf und man gibt dem Gegenüber transparent die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Man könnte z.B. sagen: "Ich bin enttäuscht, dass die Deadline nicht eingehalten wurde. Für die Zukunft erwarte ich mir vorab eine Information darüber." Menschen sind nämlich nicht nur Mittel, um einen Unternehmenszweck zu erfüllen – sie sind es, die das Unternehmen und seine Kultur ausmachen. Durch die Menschen werden Unternehmen erst unterscheidbar. Produkte sind schneller kopiert, als man denkt.
Kopf oder Bauch?
Im Business hinterlegen und begründen wir manchmal Entscheidungen mit Zahlen, Daten und Fakten. Herz und Bauchgefühl können nicht beziffert werden und scheinen daher als Argumente für oder gegen etwas nicht auszureichen. Doch jede und jeder von uns kennt Situationen, wenn der Kopf sich durchsetzen möchte, wir aber "kein gutes Gefühl" haben. Hier braucht es Mut, nochmals hinzuschauen und die Entscheidung zu hinterfragen. Wenn wir merken, dass sich der Bauch meldet, dann sollten wir uns die Zeit nehmen, erneut über das Beschlossene nachzudenken und damit später oftmals langwierige Korrekturschleifen zu sparen. Der Bauch meldet sich nämlich nicht umsonst.
Es darf menscheln
Ich bin ein großer Fan, Mitarbeitende in jenen Bereichen einzusetzen, in denen sie kompetent, erfahren und talentiert sind – denn dort sind sie auch mit Herz und Leidenschaft, also engagiert dabei. Letztlich wollen wir alle eine Arbeit, die uns sinnvoll erscheint, wo wir uns einbringen können und wollen. Das unterscheidet uns auch wesentlich von Robotern: Da, wo Menschen miteinander arbeiten, menschelt es einfach – und es wäre kontraproduktiv, das abschaffen zu wollen. Die Ergebnisse dieser Arbeit erreichen wiederum die Gefühlsebene unserer Kundinnen und Kunden. Und den herzlichen Kontakt zu ihnen will ich keinesfalls missen.
Quelle Grafiken: "Emotional Intelligence – the essential skillset for the age of AI" (Capgemini Research Institute). Befragt wurden u. a. 750 Führungskräfte und 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zeitraum August bis September 2019. www.capgemini.com/de-de/research/emotionale-intelligenz/
Der Hernsteiner 2/2020 widmet sich dem Schwerpunkt "Emotionale Kompetenz". Wie surft man auf der Chaoswelle? Herz oder Kopf? Wie bleibt man bei sich? Woher kommen Gefühle und wohin gehen Gerüche? Überraschende Antworten und frische Impulse.