Wie ein Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz umgehen soll, können CEO und CTO nicht alleine entscheiden. Vielmehr braucht es möglichst viele unterschiedliche Perspektiven auf das Thema. Die Einsichten der Gruppendynamik helfen dabei, Antworten auf die drängenden Fragen des KI-Zeitalters zu finden.
KI-Tools machen Gruppendynamik-Wissen relevanter denn je
Viele Unternehmen fragen sich aktuell: Welche Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI) sind für uns wertvoll und wann wird es zu riskant? Wie viel KI ist genug?
Vor welchen KI-Entscheidungen Unternehmen derzeit stehen
- Beispiel Recruiting: Welche Daten sollen wir in KI-Tools einspeisen, um das Potenzial für mehr Effizienz zu nutzen – ohne dabei diskriminierend oder rechtswidrig zu agieren?
- Beispiel Customer Journey: Welche Daten fragen wir ab? Werden Audio- oder gar Video-Aufzeichnungen der Kundinnen und Kunden für automatisierte Entscheidungsfindung verwendet?
- Wie regeln wir die Nutzung von KI-Tools durch übereifrige Beschäftigte? Wie vermeiden wir rechtliche Risiken – etwa durch einen Chatbot, der falsche Informationen weitergibt?
Wie können wir auf der anderen Seite zögerliche Beschäftigte dabei unterstützen, mit KI-Tools produktiver zu werden?
Warum Entscheidungen zu Künstlicher Intelligenz besonders relevant sind
KI-Tools haben radikale Auswirkungen auf jedes Unternehmen. Sie schaffen nicht notwendigerweise etwas ganz Neues, sondern sie verstärken eingeübte Muster, sowohl bewusste als auch unbewusste. Sie beschleunigen das, was wir tun. Wir kriegen also mehr vom Bisherigen – sowohl Gutes als auch Schlechtes, je nachdem wie ein Unternehmen bisher schon agiert.
Betrachten wir eine mögliche Customer Journey in einem Hotel: Wenn die Kundschaft eine Frage hat, dann ruft sie nicht mehr (möglicherweise mehrmals) an. Sondern sie fragt einen Chatbot, der automatisiert Antworten gibt, in Sekundenschnelle Informationen weiterleitet oder gar Buchungen tätigt. Damit wird jedoch jeder potenzielle Fehler mitbeschleunigt. Das Integrieren von KI-Tools führt zudem zu einem technischen "de-complexing": Das Delegieren an die Maschine macht komplexe Situationen für Menschen einfacher und damit handhabbar. Moderne Überschall-Jets zum Beispiel wären ohne die Hilfe von Fluglage-Computern gar nicht mehr beherrschbar. Auf der anderen Seite steigt gerade dadurch die Abhängigkeit von technischer Unterstützung. Diese Logik gilt für unterschiedlichste Situationen – egal ob wir mit KI-Tools Flugzeuge steuern, möglichst viele Recruiting-Verfahren bearbeiten oder eine große Zahl individualisierter Marketing-Texte erstellen.
Warum CEO und CTO Entscheidungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz nicht alleine treffen können
Unternehmen sind gut beraten, KI-Tools gut vorbereitet und kontrolliert einzuführen. Die Risiken – etwa eines Reputationsverlusts bei Kundinnen und Kunden, als Employer oder gegenüber Geschäftspartnerinnen und -partnern – sind einfach zu groß. Unternehmen benötigen eine KI-Nutzungs-Strategie. Diese kann jedoch das Top-Management nicht alleine formulieren. Auch nicht, wenn es ausgewiesene KI-Expertinnen und -Experten hinzuzieht. Die potenziellen Auswirkungen von KI-Tools sind so komplex, dass multidisziplinäre und multiperspektivische Zugänge notwendig werden, um die oben beispielhaft angeführten Fragen zu beantworten.
Was dabei helfen kann: Wenn Vertreterinnen und Vertreter aller Bereiche des Unternehmens an Entscheidungen beteiligt sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, die Komplexität in den Griff zu bekommen. Ein Sounding Board – mit Stimmen von Kundinnen und Kunden, Expertinnen und Experten und weiteren Stakeholdern – hilft weiters dabei, mögliche Auswirkungen von Entscheidungen zu bedenken. Wenn die Unternehmenskultur die Bedeutung von Lernen in den Mittelpunkt stellt, steigt das Verantwortungsbewusstsein der Beschäftigten.
Der gemeinsame Nenner dieser Maßnahmen ist jedoch grundlegender: Wie ein Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz umgeht, hängt wesentlich von der Führungskultur bzw. dem Bewusstsein des Top-Managements ab. Je mehr Künstliche Intelligenz verwendet wird, desto mehr menschliche Intelligenz ist notwendig.
Das Bewusstsein bestimmt die Nutzung von KI
Die Einsichten der Gruppendynamik zeigen: Unternehmen – und ihr Top-Management – können auf unterschiedlichen Bewusstseinsebenen agieren. Diese beeinflussen die Machtdynamiken in einem Unternehmen sowie die Form der Zusammenarbeit. Je nach Bewusstseinsebene herrschen etwa Autoritätsgläubigkeit und strenge Hierarchie vor oder eine Offenheit für unterschiedliche Zugänge, welche Co-Kreation ermöglicht, das gemeinsame Schaffen des Neuen. Die Bewusstseinsebenen beeinflussen daher entscheidend die Fähigkeit, Komplexität zu managen. Und damit die Art und Weise, wie im Unternehmen mit KI umgegangen wird. Die Einsichten der Gruppendynamik helfen Führungskräften dabei, multidisziplinäre und multiperspektivische Zugänge zu den drängenden Fragen des KI-Zeitalters zu finden.
Mit Gruppendynamik das Bewusstsein trainieren
Das klingt abstrakt? Die gute Nachricht: Das Verständnis der Bewusstseinsebenen kann man trainieren. Teilnehmende an einer fünftägigen Gruppendynamik-Trainingsgruppe durchlaufen (im gelingenden Fall des kollektiven Lernens) alle vier Bewusstseinsebenen sowie die dazugehörigen Machtkonstellationen. Wer diese Bewusstseins- und Machtordnungen nicht nur intellektuell verstanden, sondern selbst erlebt und gespürt hat, ist gut für "Counscious Leadership" gerüstet. Diese bewusste Führung ist der Motor für eine gute Entwicklung – eines einzelnen Unternehmens, aber auch der gesamten Gesellschaft.
Die vier Bewusstseinsebenen auf einen Blick
Im Zusammenhang mit KI ist der Übergang von der Ebene der Linearität zu jener der Multidimensionalität entscheidend. Letztere erhöht sprunghaft die Fähigkeit, mit Komplexität umzugehen.
- Die Ebene der "Gewohnheit" ist durch unhinterfragt überlieferte Gewohnheiten, unveränderbare Ordnungen und zentrale Autoritäten geprägt.
- Die Ebene der "Linearität" ist rational und sachlich, Ziele sind quantitative Expansion und Konkurrenz, die Organisationsstruktur ist hierarchisch.
- Auf der Ebene der "Multidemensionalität" herrscht eine Offenheit für multidisziplinäre Zugänge, sowohl Fakten als auch Intuition und Gefühle spielen eine Rolle. Projekt-, Team- und Netzwerkstrukturen ermöglichen Co-Kreation, das gemeinsame Schaffen des Neuen.
- Auf der Ebene des "Flow" rücken zudem Fragen wie "Was braucht das Ganze? Was kann mein Beitrag sein? Was ist sinnvoll?" in den Mittelpunkt. Die Organisationsform ist das Ökosystem, in dem freie, unabhängige Menschen zugleich Teil eines interdependenten Ganzen sind.
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