Wer authentisch ist kann andere begeistern
Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein Instituts, im Interview über Führung und wie Authentizität Schlüssel zum Erfolg wird.
- Selbstmanagement
Seit dem Vorjahr leitet Michaela Kreitmayer das „Juwel der Wirtschaftskammer Wien“.
Sie sind nun 23 Jahre im Hernstein Institut tätig – haben Sie sich von Anfang an an der Spitze gesehen?
Michaela Kreitmayer: Nein, als 19-jährige Maturantin wollte ich einfach nur mein eigenes Geld verdienen. Mein erster Job war in der Poststelle der Wirtschaftskammer Wien. Da merkte ich rasch, dass ich gerne mit Menschen arbeiten möchte. Die Bildungsbranche hat mich schon immer interessiert. Und alles, was mit sozialer Kompetenz und Persönlichkeitsentwicklung zu tun hat.
Was reizt Sie an Führung?
Der Blick aufs große Ganze. Damals, als Jüngste im Team, wurde ich immer mit Teilaufgaben wie Anmeldungen und Fakturierungen betraut. Ich will aber lieber einen gesamten Prozess verantworten. Was mich auch reizt: andere für etwas Sinnvolles begeistern und den Funken überspringen lassen. Und Potenziale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen, sie dementsprechend einsetzen und fördern. Was mir immer wichtig ist: authentisch sein, gerade als Führungskraft. Ich will mich nicht verbiegen.
Ist Authentizität der Schlüssel zum Erfolg?
Nur wer authentisch ist, kann als Vorbild agieren und andere begeistern. Das entspricht auch der Hernstein Philosophie. Die Leute müssen sich auf mich einstellen können. Ich finde nichts schlimmer als unberechenbare Führungskräfte.
Sie leiten nun ein 12-köpfies Team ...
... mit mir 13! Die Selbstführung ist der Ausgangspunkt für die Führung anderer. Zum Team kommen noch rund 80 externe Trainerinnen und Trainer. Sie werden hauptsächlich von unseren Produktmanagerinnen und -managern betreut. Je besser wir die Kernkompetenzen der Mitglieder des Trainer-Netzwerks kennen, desto besser können wir sie in projektbezogene Anfragen einbinden.
Hätten Sie sich auch vorstellen können, etwas anderes zu tun?
Immer, wenn ich meine Fühler auf dem Markt ausgestreckt habe, ist intern ein gutes Angebot gekommen. Ich hatte immer wohlwollende Menschen in meinem Umfeld, die mich gefördert haben. Die haben mich auch in eine Richtung gestupst, die ich selbst noch gar nicht gesehen habe. Karriere war mir aber nie wichtig. Wäre ich nicht bei Hernstein, würde ich vermutlich eine Partnervermittlung leiten. Ich verkupple nämlich privat gerne und erfolgreich Leute.
Sie sprechen von „wohlwollenden Menschen“ – ist Ihnen die emotionale Ebene wichtig?
Sehr wichtig. Wenn ich mit jemandem in Meetings sitze, den ich so gar nicht leiden kann, wird es auf Dauer schwierig und man wird auf der Sachebene schwer zusammenkommen
Was war Ihre letzte Aufgabe vor der aktuellen?
Ich leite nach wie vor den Bereich Kundenberatung und Salesmanagement. Die Leitung des Hernstein Instituts habe ich zusätzlich zu dieser Funktion übernommen. Deshalb ist jetzt gutes Selbstmanagement, das ich durch mein berufsbegleitendes Studium gelernt habe, noch wichtiger. Und die Delegation klappt mit meinem tollen Team auch sehr gut.
Welche Ihrer umfangreichen Weiterbildungsmaßnahmen hat Ihnen bis jetzt am meisten gebracht?
2 von Hernstein: „Gruppendynamik“ und „Erfolgreiche Leistungsentfaltung und persönliche Zufriedenheit“. In „Gruppendynamik“ habe ich gelernt zu erkennen, was in Gruppen passiert, auch wenn es nicht ausgesprochen wird. Diese Beobachtungen geben mir die Möglichkeit, sinnvoll zu steuern. Im anderen Seminar habe ich mich vor allem mit meinen Werten auseinandergesetzt und eine Wertelandkarte für mich entwickelt, die mich seither begleitet.
Was ist besonders daran, Hernstein zu leiten?
Hernstein ist das Juwel der Wirtschaftskammer Wien und trägt zu ihrem guten Image bei. Als Qualitätsanbieter hat Hernstein zu Recht einen guten Ruf. Erst vor Kurzem hat mir ein Kunde gesagt, dass ich die einzige Anbieterin von Schulungsmaßnahmen bin, die bei ihm einen Termin bekommt. Das macht mich stolz.
Gibt es einen „typischen Hernstein Kunden“?
Der typische Hernstein Kunde ist männlich, 38 Jahre alt, kommt aus Österreich und arbeitet in einer mittleren Führungsfunktion in der Dienstleistungsbranche. Prinzipiell haben wir bunt zusammengesetzte Trainingsgruppen, was unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr zugute kommt, da sie viel voneinander lernen können und sich vernetzen. Der Branchenmix ist uns wichtig.
Welche Führungskräfte vermissen Sie noch als Kundinnen und Kunden?
Wir wollen bewusst neue, junge Zielgruppen ansprechen, die Hernstein noch nicht so gut kennen. Und wir wünschen uns einen höheren weiblichen Anteil. Allerdings spiegeln wir da die Wirtschaft wider: Dort liegt der Frauenanteil in Führungspositionen auch nur bei circa 30 %.
Was bedeutet für Sie ein modernes Führungskonzept?
Ein lebendiges, flxibles und agiles Konzept, in dem sich alle weiterentwickeln können, die das wollen. Eines, in dem gelernt wird, in dem es ein Miteinander und keine Ego-Trips gibt. Dazu gehört auch, dass Fehler und Störungen als Stärkung des Systems wahrgenommen werden, weil sie Chancen für Qualitätsverbesserung bieten. Modern führen bedeutet, jede und jeden in ihrem oder seinem Tempo abzuholen und in der Entwicklung zu unterstützen. Das ideale Führungskonzept passt sich an die zu führenden Personen und gleichzeitig an die jeweilige Unternehmenskultur, Größe und Branche an. Es gibt nicht ein einziges Konzept, genauso wenig, wie es einen einzigen Führungsstil gibt.
Planen Sie Änderungen in den Angeboten?
Führung wird immer wichtiger werden, weil sie nicht mehr nur von wenigen getragen wird. Es geht gar nicht anders, schon allein von der Fülle der Aufgaben her. Es gibt viele Arten der Führung, auch die laterale, hierarchieübergreifende und projektbezogene. Wir werden uns deshalb weiter mit der Zukunft der Führung auseinandersetzen und dementsprechende innovative Angebote entwickeln. In Zukunft wird auch Blended Learning eine Rolle spielen.
Passt Blended Learning überhaupt zu den Hernstein Inhalten?
Gruppendynamik funktioniert tatsächlich nur in der Gruppe und nicht online. Der Präsenzteil wird sicher bleiben. Doch es gibt Elemente des Blended Learning, die wir verwenden können. Zum Beispiel, indem wir die Theorie eines Trainings vorab als Lernvideo zur Verfügung stellen. So bleibt im Training mehr Zeit für die Aha-Erlebnisse, die für nachhaltiges Lernen erforderlich sind.
Mag. (FH) Michaela Kreitmayer ist seit 23 Jahren beim Hernstein Institut, davon 14 Jahre in Führungspositionen. Berufsbegleitend absolvierte sie das FH-Studium „Unternehmensführung/Management“ und zahlreiche persönlichkeitsbildende Seminare wie das Hernstein Führungskräfteentwicklungsprogramm für das mittlere Management und die Coaching- Ausbildung bei The Green Field. Sie leitet das Hernstein Institut, führt Potenzialanalysen und Feedbackgespräche durch und coacht Führungskräfte.
Mag. Eva Woska-Nimmervoll ist Journalistin, Texterin im Bereich Corporate Publishing und verfasst Kurzgeschichten. Außerdem ist sie Lektorin an der FHWien der WKW und leitet Seminare.
Dieser Artikel ist im Hernsteiner 1/2017 erschienen. Unser Magazin stellt sich die Frage nach dem Sinn in der Arbeitswelt.
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