Wer den Tatsachen ins Auge blickt und sich auch Hindernissen stellt, kommt besser ans Ziel, weiß Hernstein Trainer Gregor Heise. Holen Sie sich 5 Tipps, für gesunden Realismus im Führungsalltag.
Warum verfehlen Menschen, die nur auf die positiven Aspekte fokussiert sind, ihr Ziel signifikant öfter als jene, die sich das Gesamtbild ansehen?1 Eine Erklärung: Wer die Dinge allzu optimistisch betrachtet, gibt bei Widerständen bereits auf. Positive Vorstellungen allein lösen häufig keine Handlungen aus: Gedanklich sind diese Menschen schon dort, wo sie hinmöchten. Zumindest würden sie am liebsten alle Hindernisse auf dem Weg und alle Anstrengungen, die es braucht, meiden. Beschönigung verträgt sich allerdings schlecht mit zukunftsorientiertem Management.2
5 Tipps für eine Portion gesunden Realismus im Führungsalltag
1. Vorsicht bei zu viel Euphorie
Steht ein interessantes Projekt, ein lukrativer Auftrag oder Ähnliches bevor, kommt Euphorie auf. Wer hört da auf die antike Kassandra, die davor warnt, dass es auch anders kommen könnte? Niemand weiß, was die Zukunft tatsächlich bringt. Um gewappnet zu sein, sollten Sie gerade bei großer Euphorie einen Gang zurückschalten und auch auf etwaige Hindernisse fokussieren. Ermutigen Sie andere, es auch zu tun.
2. Zeichnen Sie ein Gegenbild
Üben Sie sich darin, die "Macht des positiven Trends" bewusst zu brechen. Laden Sie zu Ihren Strategiebesprechungen jene ein, die kritisch sind oder alles schwarzsehen. Zeichnen Sie daraus ein realistisches Gegenbild. Es empfiehlt sich, die eigene Unternehmenskultur zu überprüfen: Ist es erlaubt, negative Gedanken zu äußern? Seien Sie stolz darauf, wenn es eine Vielzahl von kontroversen Meinungen gibt.
3. Halten Sie Handlungsoptionen bereit
Diese Negativszenarien sind kein Selbstzweck. Entwickeln Sie plausible Handlungsoptionen für den Ernstfall. Projekte sind kaum zur Gänze vom Scheitern bedroht. Aber es gibt Hemmnisse, die durch eine allzu optimistische Sichtweise gerne übersehen werden. Machen Sie sich die Stolpersteine bewusst und entwerfen Sie entsprechende Gegenmaßnahmen.
4. Entwickeln Sie einen Gesamtplan
Entwickeln Sie aus den unterschiedlichen Einschätzungen, Stimmungen und Daten eine Gesamtstrategie. Erwarten Sie dabei nicht, die eine richtige Strategie zu finden, sondern konzipieren Sie mindestens 3 Varianten, ausgehend von verschiedenen Annahmen. Für manche mag es im ersten Schritt noch keine befriedigenden Lösungen geben. Vertrauen Sie darauf, dass sich im Laufe der Zeit eine Lösung finden wird. So werden Sie wachsam sein und Vorzeichen bereits früh erkennen.
5. Stärken Sie Ihre Widerstandskraft
Ermuntern Sie sich selbst und andere, auch mit unangenehmen Wahrheiten fertigzuwerden. Genauso wie es beim Training im Sport wichtig ist, bewusst und dosiert die eigenen Grenzen zu verschieben, gilt auch im Management: Sie reifen mit den Herausforderungen. Schwierigkeiten und plötzliche Katastrophen bewältigen Sie am besten, indem Sie Ihre Fähigkeiten mobilisieren. Ausdauer, Geduld und eine Portion Zähigkeit sind allemal besser als die Flucht in ein gedankliches Paradies.3
1Gabriele Oettingen: Future thought and behaviour Change.– In: European Review of Social Psychology. 23, 2012, S. 1–63
2Julius Kuhl: Motivation und Persönlichkeit. Göttingen, 2001, P. 524ff.
3Gabriele Oettingen/Doris Mayer: The Motivating Function of Thinking About the Future: Expectations Versus Fantasies. –In: Journal of Personality and Social Psychology, 83, 2002, S. 1198–1212
Der Hernsteiner 2/2020 widmet sich dem Schwerpunkt "Emotionale Kompetenz". Wie surft man auf der Chaoswelle? Herz oder Kopf? Wie bleibt man bei sich? Woher kommen Gefühle und wohin gehen Gerüche? Überraschende Antworten und frische Impulse.