Gemeinsam statt einsam: Kooperation im Gesundheitsmanagement
Psychische Erkrankungen sind im Vormarsch. Diese Entwicklung ist menschlich beunruhigend, für die Unternehmen kostenintensiv und auch eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit. Wie weit reicht aber die Verantwortung des betrieblichen Gesundheitsmanagements? Sind Führungskräfte die alleinigen Verantwortlichen für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen?
Gesundheit als ganzheitliche Unternehmensstrategie
Fest steht: Eine gesunde Organisations- und Führungskultur hat wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit des Personals. Erkennbar ist diese Kultur etwa daran, dass sie aktiv Einfluss auf Arbeitsbedingungen und Belastungen ausübt, die Kommunikation durch wertschätzenden Umgang geprägt ist und Mitarbeitende durch Ressourcen förderndes Führungshandeln motiviert werden. Wenn betriebliches Gesundheitsmanagement also wirklich als ganzheitliche Unternehmensstrategie gelebt wird, gilt sie als Erfolgsfaktor mit gesundem und leistungsfähigem Personal.
Führungskräfte sind keine Therapeuten
Es gibt aber auch Stimmen, die vor einer Überbewertung der gesundheitsfördernden Funktion von Führungskräften warnen. Manchmal wird die Rolle der Führenden sogar romantisiert, wie Prof. Jörg Felfe* im Interview mit dem Hernstein Institut ausführt. Manager und Managerinnen sind keine Seelsorger oder Therapeutinnen. Sollen sie auch nicht, denn, so Felfe: „Die Gesundheit der Mitarbeitenden hängt […] nicht nur von der Führung ab, sondern erfordert auch Eigenverantwortung.“ Die gesundheitliche Verantwortung von Unternehmen hat demnach genau dort ihre Grenzen, wo der persönliche Lebensstil als Einflussgröße zum Tragen kommt.
Gesundheitsförderung: eine gemeinsame Aufgabe
„Verantwortungslosigkeit, Gleichgültigkeit oder Fahrlässigkeit gegenüber der physischen und psychischen Gesundheit sind […] ebenso unangemessen wie eine übertrieben bevormundende Fürsorge, die jegliche Eigenverantwortung und Eigeninitiative erstickt“, fasst Felfe die Rolle, die Führungskräfte in der Gesundheitsförderung einnehmen, zusammen. Betriebliches Gesundheitsmanagement gelingt demnach nur dann, wenn es als gemeinsame Aufgabe betrachtet wird: von der Unternehmensleitung, den Führenden und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Gelebte Praxis, die sich lohnt
Die Kooperation aller Beteiligten ist also gefragt, wenn sich Unternehmen für eine gesundheitsfördernde Kultur engagieren – und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern als gelebte Praxis. Das erfordert manchmal vielleicht neue Strukturen und manchmal vielerorts ein Umdenken, vor allem aber ein gemeinsames gesundheitsförderliches Programm, in dem alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Der Nutzen ist an Kennzahlen messbar: mehr Motivation, weniger Krankenstände und Fehlzeiten, weniger Fluktuation des Personals. − Eine Investition, die sich lohnt.
* Jörg Felfe ist Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologe an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und hat beim Hernstein Symposium am 7. November 2013 die Keynote gehalten.