Viele Führungskräfte beklagen die steigende Komplexität der Welt, in der sie agieren müssen. Es wird immer schwieriger, gute Entscheidungen zu treffen und auf die Anforderungen der Umwelt gut zu antworten. Was fördert dabei eigentlich unser Empfinden über Komplexität? Wann nehmen wir unsere Umwelt als komplex wahr?
Es braucht einen neuen Umgang mit Komplexität
Hierzu einige Gedanken:
- Die Umwelt hat eine große Anzahl an Überraschungen für uns parat. Das Unerwartete tritt immer häufiger auf. Der "schwarze Schwan" ist gelandet.
- Ich leide unter einem Mangel an Verstehbarkeit. Ich verstehe nicht, warum etwas passiert ist oder nicht passiert ist.
- Die Ereignisse haben für mich keine Bedeutung. Das, was passiert, ergibt für mich keinen "größeren" Sinn.
- Mit fehlt die klare Handhabbarkeit der Herausforderungen. Meine Antworten auf die Probleme sind nicht mehr ausreichend. Mir fehlen die Fähigkeiten und Ressourcen, adäquat zu reagieren. Meine bekannten Werkzeuge wirken nicht mehr gut genug.
- Auch ein Teil meiner Gewohnheiten passt nicht mehr in meine Umwelt. Es braucht eine größere Veränderung von mir. Das Leben lädt mich ein, meine Komfortzone zu verlassen und mir das Unbequeme zum Freund zu machen.
Mit der hohen Komplexität der Führungsumwelt ist die Veränderungsgeschwindigkeit direkt verbunden. Wenn es immer mehr instabile Phasen gibt, in denen sich Unternehmen bewegen und stabile Phasen daher immer kürzer werden, braucht es einen neuen Umgang mit Komplexität in der Führungsarbeit. Vor allem aber braucht es ein Bündel neuer Kompetenzen, die es zu erlernen gilt. Das klassische Management und damit die klassische Führungsarbeit sind eben nur in stabilen Phasen ausreichend wirkungsvoll.
Typische Formen, mit hoher Komplexität umzugehen
Viele Führungskräfte üben sich im Ausprobieren nach der Trial-and-Error-Methode. Andere sind besonders gut darin, die kernigen Fragen der Zeit auszublenden. Sie bleiben lieber bei den alten und bekannten Weisen des Tuns. Besonders gefordert sind jene, die versuchen, die Komplexität der Welt durch rationales Denken aufzulösen, und die alle Details verstehen wollen. Wer sich der Komplexität über die Details nähert, dem ist das Scheitern gewiss. Weit verbreitet ist auch der "Simplify-Gedanke". Dem liegt die Hoffnung zugrunde, eine komplexe Welt ließe sich durch Reduktion vereinfachen. So verführend dieser Ansatz auch sein mag, er funktioniert nicht. Komplexität braucht einfach ein neues Denken und eine neue Haltung zur Welt. Viele Fragen lassen sich nur mehr emotional bewerten und mit Intuition lösen. Es braucht eine Kompetenz, die sich mit "Mustererkennung", etwas, das jenseits des rationalen Verstehens passiert, beschreiben lässt.
Peter Kruse: Lebendigkeit als Antwort auf Komplexität
Der bekannte Managementberater Peter Kruse[1], der mich zu diesen Gedanken inspiriert hat, nennt die neue Haltung für Führungskräfte "Segeln auf Sicht". Er rät zu einem iterativen Zugang zur Welt, zu einem lebendigen und systematischen Erkunden, zu einer emotionalen Bewertung der Situationen und zur intuitiven Entscheidungsfindung. Was noch zu den Kompetenzen der Zukunft gehört? Führungskräfte müssen in der Lage sein, die nicht lösbaren Widersprüche, beispielsweise Effizienz versus Sinn, im Dialog mit anderen zu verhandeln. Dazu müssen sie sich auf das System und natürlich auf die Menschen gründlich einlassen. Denn ohne die Intelligenz der Vielen, sind keine zukunftsfähigen Lösungen mehr auszumachen. Alleine aber um die Intelligenz eines Teams zu nutzen, braucht es neue Dialogformen in der Führungsarbeit, die über klassische Besprechungen weit hinausgehen. Dabei helfen auch neue Methoden und kreative Zugänge, wie etwa Design Thinking oder die neuen Dialogansätze für agile Organisationen.
Am besten ist es, wenn Führungskräfte diesen Veränderungsprozess bei sich selbst beginnen. SelfLeadership braucht eine neue, lebendige Basis. Dazu ist es hilfreich, den Führungsalltag zur Übung zu machen und immer in Bewegung zu bleiben. Am Ende sollen Führungskräfte vor allem eines schaffen: eine hohe Lebendigkeit in ihrem Bereich hervorbringen. Denn nur Lebendigkeit ist die Antwort auf Komplexität, nicht der Simplify-Gedanke.
[1]Prof. Dr. Peter Kruse
Führung in Zeiten wachsender Komplexität (Präsentation)
17.04.2016
Dr. Heinz Peter Wallner, CMC
Niemand scheint sich mehr daran zu stoßen, dass jeder zweite Artikel über Management und Führung mit dem Satz beginnt: "Die Komplexität der Welt nimmt rapide zu." Es ist wahrscheinlich so, wie es Peter Sloterdijk beschreibt: "Es lässt sich nicht leugnen, die einzige Tatsache von universaler ethischer Bedeutung in der aktuellen Welt ist die allgegenwärtig wachsende Einsicht, dass es so nicht weitergehen kann."
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